24 Stunden immer im Kreis bei Cola, Brot und Babybrei
Schritt für Schritt. 1175 Meter hat eine Runde, dann beginnt die Strecke von vorn. Runde um Runde, 24 Stunden lang. Zwei Bautzener haben sich das angetan. Vater und Sohn. Und beide sind Deutsche Meister geworden.
Bautzen. Der Vater mit etwas über 174 Kilometer, der Sohn mit 236 und einem halben. Der Vater in seiner Altersklasse, der Sohn insgesamt. Wolfgang und Rene Strosny vom BLV "Rot-Weiß 90" haben bei der Deutschen Meisterschaft in Rockenhausen abgeräumt. Der Sohn hat sich damit die Teilnahme ander 24-Stunden-Weltmeisterschaft im nächsten Jahr gesichert. Der Vater will unbedingt wieder einen 24-Stunden-Lauf machen. "Ich hoffe, dass ich dann ein paar Kilometer mehr schaffe", sagt er.
Der drahtige kleine Mann läuft erst seit acht Jahren. Vorher habe er überhaupt nichts gemacht. Sein Sohn - Extremläufer seit vielen Jahren - überredete ihn schließlich zum Laufen. Und Wolfgang Strosny leckte Blut. Laufen machte ihm Spaß, Laufen ging leicht. Meistens. Mehrere Marathons, der Rennsteiglauf, der 100-Kilometer-Lauf in Leipzig stehen inzwischen in seiner Bilanz. Dabei treibt er Dauertrainierem die Tränen in die Augen. Denn so richtig viel trainiert er eigentlich nicht. Einmal in der Woche geht er zum Lauftreff, läuft da "so zehn bis 15 Kilometer" und am Wochenende läuft er bei Wettkämpfen. Das kann alles sein - vom Zehn-Kilometer-Lauf über den Marathon bis eben zum 24-Stunden-Lauf in Rockenhausen.
Sein erster. "Ich wollte es mal ausprobieren, wissen wie das ist", sagt er. Jetzt weiß er es. Stunde um Stunde laufen, immer wieder mal eine Pause, Verpflegung einwerfen. "Babybrei, Rosinenbrot, Salzstangen, mal eine heiße Brühe", sagt seine Frau und Betreuerin Evelin Strosny.
Sie hat sich vorher bei ihrem Sohn erkundigt, was man bei einem solchen Lauf essen sollte. "Es muss magenfreundlich sein, leicht, und es muss ihm schmecken", sagt sie. Das Konzept ging auf. Wolfgang Strosny hatte keinerlei Beschwerden. Nur zum Essen musste ihn seine Frau zwingen. "Man hat einfach keinen Hunger, keinen Durst", sagt Wolfgang Strosny.
Gefährlich. Der älteste Teilnehmer im Feld - ein 88-Jähriger - musste deshalb nach elf Stunden aufgeben. Er hatte zu wenig getrunken. „Er war völlig dehydriert", erzählt Evelin Strosny.
Nach zwölf Stunden hatte Wolfgang Strosny so etwas wie ein Tief. "Da habe ich gedacht, noch einmal so lange, muss das sein", erzählt er. Ab da habe er dann die Stunden rückwärts gezählt. "Und irgendwie gewöhnt man sich wieder dran." Schlafpausen, wie einige andere sie nutzten, hat der 59-Jährige keine gemacht. "Da hätte ich Angst gehabt, dass ich nicht mehr hoch komme", sagt er.
Rene Strosny hatte wesentlich größere Durchhänger. Der spätere Gesamtsieger hatte zwischendrin einfach keine Lust mehr. "Da muss man dann viel zureden, streicheln, aber auch bisschen treten", sagt seine Mutter. Ein Rezept, das gewirkt hat. Denn zum Schluss war er nicht mehr zu halten, zog seine Runden und überholte den bis dahin Führenden nicht nur, sondern lief noch sechs Kilometer Vorsprung heraus. Seine persönliche Bestleistung.
Die 21. Stunde war auch für Wolfgang Strosny eine besondere. Denn in einer der Pausen zog er die Schuhe aus, weil seine große und die kleine Zehe übel schmerzten. Bei der kleinen hatte sich bereits der Nagel gelöst, bei der großen hing er noch halb dran. "Ich konnte die Zehen nicht mal berühren, so sehr tat das weh", erzählt er.
Das Problem: Durch das ständige Laufen waren die Füße angeschwollen und die Zehen fast ununterbrochen gegen die Schuhspitze gestoßen. "Wir haben die Blasen geöffnet und den Fuß verarztet, aber er kam nicht mehr in die Schuhe", erzählt seine Frau.
Wolfgang Strosny löste das Problem auf seine Art. Die letzten Stunden lief er in Sandalen. "Das ging prima", sagt er und lacht. "Ab da hatte ich auch keine Schmerzen mehr."
Monika Lenz
René Strosny hat sich mit seinem Sieg bei den Deutschen Meisterschaften das Ticket für die WM im 24-Stunden-Lauf gesichert. Der BLV-Läufer hat schon einige extreme Läufe absolviert. Hier ist er mit dem Japaner Takatumi Senoo im Ziel nach dem TransEurope-FootRace 2009 zu sehen. Dabei legten sie mit 63 anderen Läufern 4487,7 Kilometer in 64 Tagen zurück, von Italien bis Norwegen.
Läuft und Läuft hier beim 100-Kilometerlauf in Leipzig: Wolfgang Strosny wurde in seiner Altersklasse Deutscher Meister im 24-Stunden-Lauf. Fotos: OLK